Samstag, 11. Mai 2024

11.05.2024
1. Liga (P)
Vitória SC - SC Braga 2:3
Estádio Dom Afonso Henriques (Guimaraes)
25.224 Zuschauer (3.000 Gäste)

Nach dem Spiel in Vizela verschlug es mich nach Guimaraes. Ein Sehnsuchtsort im portugiesischen Fußball, denn man erzählt sich, dass es hier eine tolle Fankultur gibt, die man abseits der drei großen Vereine nicht erwarten würde. Ich hatte es besonders gut getroffen, denn der heutige Gegner war der benachbarte Dauerrivale aus Braga, mit dem sich die heimische Viktoria noch um einen Platz im internationalen Wettbewerb stritt. Europa League oder Conference League, heute konnten Entscheidungen fallen.
Das Problem an der Sache war da natürlich die Beschaffung der Eintrittskarten, denn das "Dérbi do Minho" war restlos ausverkauft. Doch wieder einmal half mir meine Begleitung aus der Patsche und lotste mich in ein Wohnviertel in Stadionnähe, wo die bereits im Vorfeld über Umwege organisierten Karten die Besitzer wechselten. Das war einfach. Aufgrund der Umstände landete ich im Heimblock, was aber völlig in Ordnung war. Wir besorgten uns noch Fanschals und schon waren wir ein Teil des großen Ganzen.
Eine wunderbare Abendstimmung lag über dem Stadion. Mehr als 25.000 Zuschauer waren in gespannter Vorfreude, die Sonne ging hinter den Häuserblöcken langsam unter, auf den Tribünen wurden bengalische Lichter gezündet und als dann noch die Hymne "Sou Vitória" gesungen wurde und wir alle unsere Schals in die Höhe reckten, war Zeit für die ganz großen Fußballemotionen. Das Spiel startete angemessen furios. Nach 10 Minuten führte Guimaraes mit 1:0 und das Stadion eskalierte.
Es gibt bei den Heimfans zwei Stimmungsblöcke. Einen auf der Hintertor-Tribüne und einen auf der Gegengerade. In Anbetracht der hohen Erwartungen muss ich aber zugeben, dass mich beide nicht restlos überzeugten. Die Anzahl an Menschen und Fahnen in den beiden Blöcken war nicht das, was ich erhofft hatte, nachdem ich im Vorfeld schon Videos gesehen hatte. Was man aber klar positiv hervorheben muss, ist die generelle Fußballbegeisterung in der Stadt und die Leidenschaft der Fans auch außerhalb der Kurve.
Die Gäste aus Braga waren mit 3.000 Anhängern sehr solide präsent, konnten aber gegen Guimaraes keine großen Bäume ausreißen. Das Spiel entwickelte sich dann aber zunehmend in Richtung der Gäste. Bruma traf zum 1:1 und provozierte mit einem spontan aufgeblasenen roten Luftballon die Heimkurve. Im zweiten Durchgang trafen die Gäste zum 1:2 und der Ausgleich in der 80. Minute kam dann schon reichlich spät. Guimaraes hätte noch einen Treffer gebraucht, aber stattdessen machte Braga in der Nachspielzeit den Deckel drauf und zementierte mit dem 2:3 die Tabellensituation: Braga beendet die Saison auf Platz 4, Guimaraes auf Rang 5.

11.05.2024
1. Liga (P)
FC Vizela - Estrela Amadora 4:0
Estádio do FC Vizela (Vizela)
1.612 Zuschauer (120 Gäste)

Elf der 18 portugiesischen Erstligisten sind im Norden des Landes zu finden. In der 2. Liga sieht das Verhältnis ähnlich aus. Einer der vielen Nord-Klubs, die ich bisher nicht so richtig zuordnen konnte, ist der FC Vizela. Abseits des Fußballkontextes sagte mir der Ortsname nichts. Während meines Portugal-Wochenendes hielt der Spielplan nun aber ein Heimspiel von Vizela bereit und ich stellte erfreut fest, dass der Ort an der Bahnstrecke von Porto nach Guimaraes sehr gut gelegen ist.
Außerdem befindet sich das Stadion keine fünf Kilometer von der Spielstätte von Moreirense entfernt, wo ich vor über zehn Jahren mal einen kalten Freitagabend im Februar verbrachte. Schon interessant, die Region jetzt mal bei Tageslicht zu sehen. Das Stadion des FC Vizela liegt oben auf einem Berg, sodass man nach dem Aufstieg einen guten Blick über die Umgebung hat. Sportlich ist allerdings eher Abstieg das richtige Stichwort, denn die Gastgeber brauchten ein kleines Wunder, um die Liga zu halten.
Sechs Punkte Rückstand bei noch zwei ausstehenden Spielen bedeuteten, selbst beide Spiele gewinnen zu müssen und nebenbei noch zwei Mal auf Schützenhilfe zu hoffen, um wenigstens Relegation spielen zu dürfen. Das dachte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt noch. Später erfuhr ich, dass in Portugal der direkte Vergleich mehr zählt als das Torverhältnis. Somit waren meine Rechenspiele über den Haufen geworfen und Vizela bereits abgestiegen, da sie gegen Portimao eine negative Bilanz haben.
Am Stadion angekommen musste ich bei der Eingangskontrolle meine Kamera abgeben. Was in über 400 Stadien kein Problem war, sollte in Vizela nun verboten sein. Die Diskussionen halfen nicht, sodass ich den Fotoapparat am Tickethäuschen deponierte. Glücklicherweise hatte ich hier und beim noch folgenden Abendspiel jeweils eine freundliche Begleitung mit fotofähigem Mobiltelefon, sodass mir die beiden ihre Stadionfotos zur Verfügung stellen, wofür ich mich herzlich bedanke!
Durch die Verzögerung am Eingang kamen wir auf den letzten Drücker, sahen aber noch den Einlauf der Mannschaften. Das Stadion hat eine imposante Haupttribüne, eine kleine Gegentribüne, aber hinter den Toren keinen Platz für Zuschauer. Nach dem Anpfiff formierte sich auf der Haupttribüne eine etwa zwanzigköpfige Pöbel-Fraktion, die dem Spielgeschehen den Rücken zukehrte und lautstark mutmaßlich gegen die Vereinsführung protestierte, die weiter oben saß. Die einzigen, die ihr Team anfeuerten, waren die Gästefans aus Amadora. Allerdings auch nur in der Anfangsphase. Denn auf dem Rasen fing Vizela unerwartet an zu zaubern und traf früh zum 1:0. Die Spieler hatten die Regularien offensichtlich auch nicht verstanden und glaubten noch dran. Mit zunehmender Spielzeit gelang es ihnen, das Ergebnis bis auf 4:0 hochzuschrauben und das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Lediglich die zwanzigköpfige Gruppe verweigerte bis zum Ende den Applaus. Am Ende ging Vizela mit wehenden Fahnen unter und bescherte den meisten Stadionbesuchern einen netten Abschluss des Erstliga-Abenteuers, dessen Ende vorher schon feststand, zumindest für die Einheimischen.

Sonntag, 5. Mai 2024

05.05.2024
2. Liga (D)
SV Wehen-Wiesbaden - Holstein Kiel 0:1
Arena (Wiesbaden)
10.112 Zuschauer (3.000 Gäste)

Die Wiesbadener Arena hatte ich bisher sechs Mal besucht: 2x im Heimblock, 2x auf der Gegengerade, 2x im Gästesektor und nun war es mal an der Zeit, die Haupttribüne auch noch mitzunehmen, sodass ich heute die Tribünen-Komplettierung feiern durfte. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass seit meinem letzten Besuch die Gegengerade neu gebaut wurde und ich da nun auch nochmal hin muss. Es hört nie auf. Der eigentliche Grund meiner Anwesenheit war aber natürlich ein anderer: Die sportliche Brisanz.
Für beide Mannschaften ging es heute um wahnsinnig viel: Wehen steckt tief im Abstiegskampf und Holstein Kiel konnte mit dem ersten Bein die Tür zur Bundesliga aufstoßen. Heute ein Sieg und nächste Woche reicht ein Punkt zum Aufstieg. Bei einer Niederlage hingegen würde es plötzlich nochmal richtig knapp, denn am kommenden Wochenende kommt Fortuna Düsseldorf zum direkten Duell und könnte Holstein überholen. Die Anspannung lag auf beiden Seiten in der Luft und verhinderte ein gut anzuschauendes Spiel.
Zurecht ging es mit einem 0:0 in die Pause, wobei die Gastgeber die besseren Chancen hatten. Im zweiten Durchgang wurde Kiel stärker und murmelte die Pille mit viel Glück über die Linie. Weil der SVWW nichts mehr entgegenzusetzen hatte, gab es den Auswärtssieg und die entsprechende Erleichterung bei allen Gästen. Holstein Kiel steht kurz davor, der erste Bundesligist aus Schleswig-Holstein zu werden. Für die Wehener zahlte sich der Trainerwechsel unter der Woche erstmal nicht aus.
Die Störche wurden von etwa 3.000 Anhängern begleitet, darunter auch etliche Kasseler Fans. In der 60. Minute schepperte der "Hessen Kassel und Holstein Kiel"-Fangesang durchs Stadion, was natürlich eins meiner Highlights war. Ein anderes, eher unerwartetes, Highlight war das kulinarische Angebot. Die Rindswurst war schon gut, aber das Brötchen dazu war sicherlich eines meiner Top 5-Stadionbrötchen aller Zeiten. Über das Wiesbadener Fußballpublikum ist schon viel geschrieben worden. Dass dieses Spiel nicht ausverkauft war, sagt eigentlich schon alles aus.