Samstag, 11. Mai 2024

11.05.2024
1. Liga (P)
FC Vizela - Estrela Amadora 4:0
Estádio do FC Vizela (Vizela)
1.612 Zuschauer (120 Gäste)

Elf der 18 portugiesischen Erstligisten sind im Norden des Landes zu finden. In der 2. Liga sieht das Verhältnis ähnlich aus. Einer der vielen Nord-Klubs, die ich bisher nicht so richtig zuordnen konnte, ist der FC Vizela. Abseits des Fußballkontextes sagte mir der Ortsname nichts. Während meines Portugal-Wochenendes hielt der Spielplan nun aber ein Heimspiel von Vizela bereit und ich stellte erfreut fest, dass der Ort an der Bahnstrecke von Porto nach Guimaraes sehr gut gelegen ist.
Außerdem befindet sich das Stadion keine fünf Kilometer von der Spielstätte von Moreirense entfernt, wo ich vor über zehn Jahren mal einen kalten Freitagabend im Februar verbrachte. Schon interessant, die Region jetzt mal bei Tageslicht zu sehen. Das Stadion des FC Vizela liegt oben auf einem Berg, sodass man nach dem Aufstieg einen guten Blick über die Umgebung hat. Sportlich ist allerdings eher Abstieg das richtige Stichwort, denn die Gastgeber brauchten ein kleines Wunder, um die Liga zu halten.
Sechs Punkte Rückstand bei noch zwei ausstehenden Spielen bedeuteten, selbst beide Spiele gewinnen zu müssen und nebenbei noch zwei Mal auf Schützenhilfe zu hoffen, um wenigstens Relegation spielen zu dürfen. Das dachte ich zumindest zu diesem Zeitpunkt noch. Später erfuhr ich, dass in Portugal der direkte Vergleich mehr zählt als das Torverhältnis. Somit waren meine Rechenspiele über den Haufen geworfen und Vizela bereits abgestiegen, da sie gegen Portimao eine negative Bilanz haben.
Am Stadion angekommen musste ich bei der Eingangskontrolle meine Kamera abgeben. Was in über 400 Stadien kein Problem war, sollte in Vizela nun verboten sein. Die Diskussionen halfen nicht, sodass ich den Fotoapparat am Tickethäuschen deponierte. Glücklicherweise hatte ich hier und beim noch folgenden Abendspiel jeweils eine freundliche Begleitung mit fotofähigem Mobiltelefon, sodass mir die beiden ihre Stadionfotos zur Verfügung stellen, wofür ich mich herzlich bedanke!
Durch die Verzögerung am Eingang kamen wir auf den letzten Drücker, sahen aber noch den Einlauf der Mannschaften. Das Stadion hat eine imposante Haupttribüne, eine kleine Gegentribüne, aber hinter den Toren keinen Platz für Zuschauer. Nach dem Anpfiff formierte sich auf der Haupttribüne eine etwa zwanzigköpfige Pöbel-Fraktion, die dem Spielgeschehen den Rücken zukehrte und lautstark mutmaßlich gegen die Vereinsführung protestierte, die weiter oben saß. Die einzigen, die ihr Team anfeuerten, waren die Gästefans aus Amadora. Allerdings auch nur in der Anfangsphase. Denn auf dem Rasen fing Vizela unerwartet an zu zaubern und traf früh zum 1:0. Die Spieler hatten die Regularien offensichtlich auch nicht verstanden und glaubten noch dran. Mit zunehmender Spielzeit gelang es ihnen, das Ergebnis bis auf 4:0 hochzuschrauben und das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Lediglich die zwanzigköpfige Gruppe verweigerte bis zum Ende den Applaus. Am Ende ging Vizela mit wehenden Fahnen unter und bescherte den meisten Stadionbesuchern einen netten Abschluss des Erstliga-Abenteuers, dessen Ende vorher schon feststand, zumindest für die Einheimischen.

Sonntag, 5. Mai 2024

05.05.2024
2. Liga (D)
SV Wehen-Wiesbaden - Holstein Kiel 0:1
Arena (Wiesbaden)
10.112 Zuschauer (3.000 Gäste)

Die Wiesbadener Arena hatte ich bisher sechs Mal besucht: 2x im Heimblock, 2x auf der Gegengerade, 2x im Gästesektor und nun war es mal an der Zeit, die Haupttribüne auch noch mitzunehmen, sodass ich heute die Tribünen-Komplettierung feiern durfte. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass seit meinem letzten Besuch die Gegengerade neu gebaut wurde und ich da nun auch nochmal hin muss. Es hört nie auf. Der eigentliche Grund meiner Anwesenheit war aber natürlich ein anderer: Die sportliche Brisanz.
Für beide Mannschaften ging es heute um wahnsinnig viel: Wehen steckt tief im Abstiegskampf und Holstein Kiel konnte mit dem ersten Bein die Tür zur Bundesliga aufstoßen. Heute ein Sieg und nächste Woche reicht ein Punkt zum Aufstieg. Bei einer Niederlage hingegen würde es plötzlich nochmal richtig knapp, denn am kommenden Wochenende kommt Fortuna Düsseldorf zum direkten Duell und könnte Holstein überholen. Die Anspannung lag auf beiden Seiten in der Luft und verhinderte ein gut anzuschauendes Spiel.
Zurecht ging es mit einem 0:0 in die Pause, wobei die Gastgeber die besseren Chancen hatten. Im zweiten Durchgang wurde Kiel stärker und murmelte die Pille mit viel Glück über die Linie. Weil der SVWW nichts mehr entgegenzusetzen hatte, gab es den Auswärtssieg und die entsprechende Erleichterung bei allen Gästen. Holstein Kiel steht kurz davor, der erste Bundesligist aus Schleswig-Holstein zu werden. Für die Wehener zahlte sich der Trainerwechsel unter der Woche erstmal nicht aus.
Die Störche wurden von etwa 3.000 Anhängern begleitet, darunter auch etliche Kasseler Fans. In der 60. Minute schepperte der "Hessen Kassel und Holstein Kiel"-Fangesang durchs Stadion, was natürlich eins meiner Highlights war. Ein anderes, eher unerwartetes, Highlight war das kulinarische Angebot. Die Rindswurst war schon gut, aber das Brötchen dazu war sicherlich eines meiner Top 5-Stadionbrötchen aller Zeiten. Über das Wiesbadener Fußballpublikum ist schon viel geschrieben worden. Dass dieses Spiel nicht ausverkauft war, sagt eigentlich schon alles aus.

Samstag, 20. April 2024

20.04.2024
4. Liga (D)
SGV Freiberg - Hessen Kassel 1:1
Wasen-Stadion (Freiberg am Neckar)
350 Zuschauer (60 Gäste)

17 Kilometer nördlich von Stuttgart liegt der Ort Freiberg am Neckar. Hier hatte ich vor acht Jahren das Oberliga-Spiel zwischen dem heimischen SGV und dem SSV Reutlingen besucht. Das Spiel fand damals zu meinem Unverständnis auf dem benachbarten Kunstrasen statt, sodass mir klar war: Ich muss nochmal hierher fahren, um das richtige Stadion zu besuchen. Dass ich nun tatsächlich mit Kassel auswärts diese Gelegenheit hatte, war seinerzeit noch eine absurde Vorstellung. Regionalliga-Fußball hier in Freiberg?
Nun allerdings wird in Freiberg sogar schon von der 3. Liga gefaselt. Aber warum? Für wen? Der Ort ist auch an einem Samstag wie ausgestorben und wenn man sich denkt, dass wohl alle beim Fußball sind, dann wird man enttäuscht. In Stuttgart vielleicht, aber hier im Wasen-Stadion verloren sich nur mit Kasseler Hilfe mehr als 300 Leute. Freiberg spielt einen attraktiven Fußball, steht auf Platz 4 der Tabelle, aber der Zuschauerschnitt ist schlechter als der von einigen Reservemannschaften.
Das Stadion besteht aus einer Haupttribüne, wo immerhin ein paar Kinder Fahnen schwenkten, und ansonsten nur ein paar Stufen neben der Tribüne. Dort hat man den Gästeblock errichtet, wo auch die gesamte Infrastruktur für die Gäste im Block integriert wurde. Die Würstchen werden direkt von der Tartanbahn verkauft und von den beiden Dixi-Toiletten aus kann man das Spiel verfolgen, wenn man die Tür offen lässt. Für die Bratwurst werden 4 Euro verlangt, was leider angesichts der Qualität viel zu viel ist.
Auf dem Rasen konnte der KSV das Spiel gut neutralisieren und war bis zur 80. Minute auf dem besten Weg, ein 0:0 zu ermauern. Ich wunderte mich, wie viele Fans im Block nebenbei die anderen Spielstände checkten und ständig rechneten. Aus meiner Sicht besteht keinerlei Abstiegsgefahr mehr. Wir haben im Jahr 2024 erst eine Niederlage einstecken müssen und haben unsere Defensive extrem stabilisiert. So spielt kein Absteiger! In der 80. Minute passierte es dann aber doch und Freiberg traf zur Führung. Doch nur zwei Minuten später egalisierte Unterschiedsspieler Sercan Sararer das Ergebnis wieder und traf gekonnt zum 1:1. Dabei blieb es auch, sodass wir auch aus Freiberg einen Punkt entführen konnten. Die Mannschaft wurde danach noch auf das Pokal-Halbfinale eingeschworen und ich verabschiedete mich in die S-Bahn in Richtung Stuttgart, wo es dann mit dem ICE direkt nach Hause ging.

Sonntag, 17. März 2024

17.03.2024
5. Liga (D)
1. Hanauer FC - Adler Weidenhausen 0:2
Heinrich-Sonnrein-Sportanlage (Hanau)
150 Zuschauer (25 Gäste)

Wenn man lange genug zurückblickt, dann gehörte Hanau zu den absoluten Fußball-Hochburgen in Deutschland. Der 1. Hanauer FC ist der älteste hessische Fußballverein, der vor dem 1. Weltkrieg einige Erfolge feiern konnte, ebenso wie der TSV 1860 Hanau, wo später Rudi Völler das Fußballspielen erlernte. Doch die Zeiten ändern sich: Der Hanauer FC stürzte bis in die Kreisliga ab und spielt überregional schon seit Jahrzehnten keine Rolle mehr. Immerhin hat man sich wieder bis in die Oberliga hochgekämpft.
Und tatsächlich ist der HFC dort nicht der einzige Hanauer Verein, denn auch der Hanauer SC hat es sich in der Liga gemütlich gemacht. Der Sportclub als junger Verein aus dem Jahr 1960 ist in den letzten Jahren zum Platzhirsch in Hanau geworden, der seine Heimspiele im großen Herbert-Dröse-Stadion austragen darf, wo der HFC von 1951 bis 1999 spielte. Nun ist er 900 Meter entfernt beheimatet: Man muss nur ein kleines Stück durch den Wald gehen, um zur Heinrich-Sonnrein-Sportanlage zu gelangen.
Hier ist alles viel kleiner, übersichtlicher und nur der Name des Sportplatzes erinnert an den früheren Nationalspieler Sonnrein, der auf Vereinsebene ausschließlich für den HFC auflief. Damit es hier überhaupt einen Ausbau gibt, hat man auf der Hauptseite eine vierstufige Sitzplatz-Tribüne zusammengeschraubt, aber das Highlight findet man auf der gegenüberliegenden Seite, wo die Fanszene aus Hanau sich ihre eigene kleine Stehtribüne aus Bierkästen zusammengebaut hat.
Die Zuschauerzahlen beim HFC sind schwach, aber der harte Kern ist fantechnisch wohl das stabilste, was die Hessenliga derzeit zu bieten hat. Vor und hinter dem 24 Mann-Block hingen insgesamt sechs Zaunfahnen, außerdem hatten die Fans eine Trommel und sangen regelmäßig ihre Lieder. Der heutige Gegner aus dem nordhessischen Weidenhausen hatte 25 Fans mitgebracht, von denen sich acht zu den Hanauern auf deren Bierkasten-Tribüne stellen durften, sich mit Fangesängen aber bis auf eine Ausnahme zurückhielten. Sportlich hätten sie allen Grund zur Ekstase gehabt, denn ihre Mannschaft gewann das eminent wichtige Spiel im Kampf um den Klassenerhalt mit 2:0.

Samstag, 2. März 2024

02.03.2024
4. Liga (D)
SV Babelsberg 03 - BFC Dynamo 1:1
Karl-Liebknecht-Stadion (Potsdam)
4.165 Zuschauer (600 Gäste)

Mit dem SV Babelsberg und dem BFC Dynamo trafen heute zwei Mannschaften aufeinander, die ich noch nie hatte spielen gesehen. Mehr noch: Ich hatte überhaupt in Brandenburg noch nie ein Fußballspiel gesehen. Und da ich alle anderen 15 Bundesländer bereits mit einem Spiel besucht hatte, konnte ich heute die Bundesländer-Komplettierung feiern. Während Liga-Komplettierungen durch Neubauten, Auf- und Abstiege sehr fragil sind, dürfte diese Komplettierung hoffentlich von langer Dauer sein.
Bei schönem Frühlingswetter ging es zu Fuß ins gut gelegene Karl-Liebknecht-Stadion. Als neutraler Beobachter eignet sich hier ein Haupttribünen-Platz umso mehr, da auf allen anderen drei Seiten kleinere und größere aktive Fangruppen ihren Standort haben und man hier überall was zu gucken hat. Die Babelsberger aktiven Fans teilen sich auf die überdachte Hintertortribüne und die Gegengerade auf, wobei Letztere somit ganz nah bei den Gästefans hinter dem anderen Tor stehen.
Heute hätte man auch ohne vereinszugehörige Fanbekleidung bei den meisten Besuchern erkannt, in welchen Block sie gehören. Die Fans aus Babelsberg und vom BFC trennen politische und ideologische Überzeugungen. Links gegen Rechts, um es kurz zu machen. In Anbetracht dessen war ich erstaunt, wie wenig Hass in der Luft lag. Es gab zwar eine Spielunterbrechung nach Böllerwürfen und Schmähgesänge, aber viel mehr passierte nicht. Die Zuschauer blieben diszipliniert in ihren Blöcken.
Für den BFC geht es noch um den Aufstieg in die 3. Liga. Deshalb galt es für sie, beim nicht viel schlechter platzierten, aber punktemäßig abgeschlagenen SVB möglichst einen Dreier einzufahren. Das Spiel war aber ausgeglichen. Es ging hin und her ohne viele Torchancen. Die Tore fielen erst nach der Spielunterbrechung: Erst das 1:0 für Babelsberg durch einen direkt verwandelten Eckstoß und dann in der Nachspielzeit noch der Ausgleich, was den Gästeblock zum Explodieren brachte. Ein eskalierender Torjubel als intensiver Schlusspunkt eines ansonsten entspannten Nachmittags.

Freitag, 1. März 2024

01.03.2024
2. Liga (D)
Hertha BSC - Holstein Kiel 2:2
Olympiastadion (Berlin)
46.835 Zuschauer (8.000 Gäste)

Nachdem ich bei meinen letzten Besuchen im Berliner Olympiastadion RB Leipzig und die TSG Hoffenheim ertragen musste, ergab sich heute die Gelegenheit, mit Hertha gegen Holstein Kiel eine vernünftige Begegnung besuchen zu dürfen, von denen es in der 2. Liga aber sowieso mehr gibt als im Oberhaus. Dass an diesem Spieltag keine Mannschaft von den ersten acht Tabellenplätzen ihr Spiel gewinnen konnte, liegt vielleicht auch einfach daran, dass niemand hoch will. Verstehen kann ich es.
Wenn es darum geht, schon vor dem Anpfiff so richtig Lust auf Fußball zu bekommen, dann ist das Olympiastadion einer der besten Standorte in Deutschland. Wenn an einem Freitagabend hinter dem Marathontor die Sonne untergeht, man sich an den zahlreichen Verpflegungsstellen im Stadionumfeld eingedeckt hat und dann Zehntausende die wunderbare Hertha-Hymne singen, dann schwebt man schon auf einer kleinen Wolke. Die Kieler Fans trugen mit Pyrotechnik ihren Teil zur Flutlicht-Atmosphäre bei.
Mein Sitzplatz war nah an der Ostkurve, sodass ich die Hertha-Fans permanent hörte und die Holstein-Anhänger nur sporadisch. Bei dem sehr gut gefüllten Gästeblock wäre da sicher noch mehr gegangen. Ich freute mich aber über diverse Hessen Kassel-Fanutensilien die man dort erspähen konnte. Etwas enttäuschend war Kiel vor allem auf dem grünen Rasen. Da kam zunächst fast gar nichts. Die Hertha machte ihr Ding und hatte Tabakovic, was zu einer 2:0-Pausenführung reichte, die sogar bis zur 80. Minute hielt.
Dass Kiel dann aber tatsächlich nochmal zurückkam und mithilfe des Videoschiedsrichters sogar noch ausgleichen konnte, ist auf der einen Seite unglaublich, zeigt auf der anderen Seite aber vielleicht einfach, warum Spitzenmannschaften oben stehen. Im entscheidenden Moment muss man effektiv sein und auswärts in Berlin einen Punkt mitzunehmen klingt dann am Ende völlig okay. Nach dem Spiel kam es noch zu Störungen im S-Bahn-Verkehr, wodurch ich am Westkreuz noch Zeit hatte, freundschaftliche Kontakte zu knüpfen. In meiner Unterkunft angekommen, war ich dann aber froh, dass ich die Beine hochlegen durfte nach einem aktiven Tag und gelungenem Start ins Wochenende.

Samstag, 24. Februar 2024

24.02.2024
Hessenpokal - Achtelfinale (D)
FC Gießen - Hessen Kassel 2:4 i.E.
Waldstadion (Gießen)
1.012 Zuschauer (350 Gäste)

Während andere Regionalligen schon längst wieder im Spielbetrieb sind, geht die Restrunde in der Südwest-Staffel erst im März wieder los. Eine Woche vorher wartete nun allerdings schon ein Leckerbissen zur Einstimmung: Das Achtelfinale im Hessenpokal! Nachdem Wehen-Wiesbaden in die 2. Liga aufgestiegen ist, nehmen sie nicht mehr am Hessenpokal teil, sodass es dort nun keinen klaren Favoriten gibt, da in der 3. Liga keine hessische Mannschaft mehr spielt. Der Pokalwettbewerb ist also völlig offen.
Fünf Regionalligisten, fünf Oberligisten und sechs unterklassige Teams kämpfen um den Einzug in den DFB-Pokal. Unser KSV bekam zunächst ein Auswärtsspiel beim FC Gießen zugelost, der sich mitten im Rennen um den Regionalliga-Aufstieg befindet. Eine knifflige Aufgabe, aber umso größer war die Motivation, unsere Löwen heute zu unterstützen. Den Weg zum Waldstadion kannte ich schon, da ich hier sowohl das Stadion, als auch den Nebenplatz schon besucht hatte.
Das hielt mich allerdings nicht davon ab, mit dem Bus eine Station zu weit zu fahren. Wer zum Gästeblock will, sollte vor der Station "Waldstadion" aussteigen. Stattdessen fuhr ich weiter und mit dem Verlassen des Busses setzte Platzregen ein. Ich rettete mich gerade noch zum Haupteingang und löste ein Ticket für die Tribüne, um ein Dach zu haben. Dort angekommen, zogen die Wolken vorüber und die Sonne kam raus. Ich wechselte sofort die Seite, um trocken zu werden. Die sinnloseste Haupttribünen-Karte meines Lebens.
Immerhin hatte ich mir durch die Karte auch eine ziemliche Bewegungsfreiheit erkauft. Ich zog mit einer wirklich guten Bratwurst durchs weite Rund und verfolgte das Geschehen auf Rasen und Rängen aus allen möglichen Perspektiven. Der Gästeblock war gut gefüllt und peitschte unsere Mannschaft nach vorne. Von den Gießenern kamen nur vereinzelte Schlachtrufe. Aus Kasseler Sicht hörte sich das gut an und sah sportlich auch ganz gut aus. In der 1. Halbzeit gelang ein Lattenschuss, aber es blieb beim 0:0.
In der Pause verließ ich das Stadion, drehte eine große Runde um das gesamte Areal und kam irgendwann beim Gästeblock an, wo alle Türen geschlossen waren. Ich drückte eine Klinke runter und öffnete mit einem Quietschen das Tor zum Gästeblock, was sofort einen Mann mit Security-Jacke auf den Plan rief. Ich argumentierte schlüssig, dass ich mit meiner teuren Haupttribünen-Karte jedes Recht auf einen Tribünenwechsel hatte und dem Mann mit der Jacke fiel dann nichts besseres ein, als meine Karte ein zweites Mal einzureißen. Sekunden später verschwand ich mitten im Block, denn ich wollte unsere Mannschaft jetzt auch nach vorne brüllen. Die 2. Halbzeit war schwächer und es wurde ein echtes 0:0-Spiel. Seit der letzten Saison gehört der Hessische Fußball-Verband auch zu den Landesverbänden, die bei Unentschieden nach 90 Minuten sofort zum Elfmeterschießen bitten und auf die Verlängerung verzichten. Eigentlich bin ich kein Freund von der Regel, aber in Anbetracht der Kälte und der großen Wahrscheinlichkeit, dass hier sowieso keine Tore mehr gefallen wären, konnte ich ganz gut damit leben, dass es zu einer schnellen Entscheidung kam. In meinem bisherigen Leben hatte ich den KSV drei Mal live im Elfmeterschießen gesehen und immer hatte er gewonnen. Eine wirklich schöne Serie, die heute eine Fortsetzung fand, denn unser Keeper Langhoff parierte zwei Elfmeter, während unsere Schützen alle trafen. Puh, das war knapp, aber dennoch ein gelungener Start ins neue Jahr!

Freitag, 17. November 2023

17.11.2023
4. Liga (D)
Mainz 05 II - Hessen Kassel 4:1
Bruchwegstadion (Mainz)
555 Zuschauer (100 Gäste)

Das Duell zwischen Mainz 05 II und Hessen Kassel hat in der Regionalliga Südwest schon eine gewisse Tradition. Ich sah diese Paarung jedenfalls heute schon zum fünften Mal am Bruchweg. Zwar sind die kleinen Mainzer kein beliebter Gegner, aber die für mich kurze Anreise und der sehr gute Gästeblock mit prima Sicht und toller Akustik sind dann doch immer ein Grund, sich auf das Spiel zu freuen. Heute hatte ich familiäre Begleitung zum Spiel locken können, die allerdings die Haupttribüne präferierte.
Tatsächlich haben die gepolsterten Haupttribünensitze an einem eiskalten Novemberabend ihren Charme und ich wollte schon immer mal wissen, wie die KSV-Stimmung auf der gegenüberliegenden Seite ankommt. Heute waren die Rahmenbedingungen für die Auswärtsfahrer nicht gut: Abendspiel, Bahnstreik, Feierabendverkehr, furchtbares Wetter, Tabellensituation. Doch trotz der Live-Übertragung im Stream fuhren 100 Kasseler mit nach Rheinhessen und unterstützten unser Team ziemlich ordentlich.
Auf dem Rasen war es ein ernüchternder Rückschritt. Im zweiten Spiel nach dem Trainerwechsel präsentierten sich die Löwen immer noch sehr verunsichert und machten haarsträubende Fehler. Am Ende stand eine 1:4-Klatsche. Auf den Tag genau zwei Monate vorher hatten wir beim Nachbar Schott Mainz mit 5:0 gewonnen und waren drei Punkte von der Tabellenspitze entfernt. Danach lief praktisch alles schief und wir stehen nun auf einem Abstiegsplatz. Man darf gespannt sein, ob ich in der kommenden Saison wieder zum Auswärtsspiel an den Bruchweg gehen darf. Sicher ist nur, dass dann auch die zweite Hintertor-Tribüne verschwunden sein wird. Diese wird im Februar abgerissen.

Samstag, 11. November 2023

11.11.2023
1. Liga (L)
Racing Union Letzebuerg - Fola Esch 0:1
Stade Achille Hammerel (Luxemburg)
180 Zuschauer (50 Gäste)

Um 13:37 Uhr erreichte ich den Luxemburger Hauptbahnhof und schon 20 Minuten später war ich im Gäste-WLAN meiner Unterkunft eingeloggt, um das erste KSV-Spiel unter dem neuen Trainer zu sehen. Emotional bezwangen wir Balingen mit 3:2, sodass ich den weiteren Tagesablauf beschwingt angehen konnte. Im Rahmen meiner Möglichkeiten machte ich mich schön fürs Stadion und recht bald war ich auf dem Weg zum Stade Achille Hammerel, das nur 15 Fußminuten vom Bahnhof entfernt in einem Wohngebiet liegt.
Mit dem Erwerb einer Eintrittskarte durfte man sich frei im Stadion bewegen. Fast alle Zuschauer zog es auf die überdachte Haupttribüne, aber bei den kalten Temperaturen am Abend war ich lieber in Bewegung und suchte mir permanent neue Stehplätze rund um den grünen Rasen. Das Stadion ist nur an einer Seite ausgebaut. Dort gibt es neben der sehenswerten Haupttribüne zwei bestuhlte Nebentribünen ohne Dach. Ansonsten blickt man auf Häuser, Bäume und den Verpflegungsstand.
Es gab ähnlich wie im Südwesten Deutschlands eine Auswahl zwischen einer weißen und einer roten Wurst, wobei die rote deutlich schmackhafter aussah und tatsächlich auch phantastisch schmeckte. Es blieb dann auch nicht nur bei einer. Ich war locker ein Drittel des Spiels mit Essen beschäftigt. Denn was auf dem Rasen geboten wurde, verlangte nach Ablenkung. Es war das typische 0:0-Spiel, bei dem der Schiedsrichter irgendwann auf den Punkt zeigte und ohne Proteste verwandelte Fola den Elfmeter zum 0:1.
Fola Esch ist abgeschlagener Tabellenletzter, dem diese drei Punkte sicherlich gut tun, um noch an den Klassenverbleib zu glauben. Jene Mannschaft hatte ich vor zwölf Jahren noch im Europapokal gesehen. Für mich gehören sie irgendwie dazu. Aber Racing Union natürlich auch. Abstiegskampf ist auch für den Hauptstadtverein zu wenig. Die Zuschauerzahlen sind wohl im ganzen Land bei Ligaspielen ernüchternd und die heutigen 180 Personen schon eine höhere Zahl. Stimmung darf man hier nicht erwarten, aber der Stadionbesuch hat dennoch mit Tribüne, Wurst und der zentrumsnahen Lage einiges zu bieten. Nach dem Spiel freute ich mich auf das Zweitliga-Topspiel im Fernsehen, brauchte allerdings eine ganze Halbzeit, um endlich ein Signal zu empfangen. Live ist halt nur im Stadion.

Samstag, 28. Oktober 2023

28.10.2023
3. Liga (D)
Viktoria Köln - 1860 München 2:1
Stadion im Sportpark Höhenberg (Köln)
4.863 Zuschauer (1.800 Gäste)

Mit einer 4 € Bratwurst im Magen betrat ich die Haupttribüne im Sportpark Höhenberg. Man gönnt sich ja sonst nichts. Das erste Highlight der Begegnung zwischen Viktoria Köln und 1860 München war, als Viktoria-Trainer Olaf Janßen vor dem Spiel zur eigenen Fankurve lief und sich feiern ließ. Dann drehte er ab und winkte auch der Haupttribüne zu. Ich finde den Kerl ganz putzig, aber ob er das auch so macht, wenn es mal nicht mehr läuft? Dann begann das Spiel und ein anderer Akteur rückte in den Mittelpunkt:
Der Schiedsrichter. Am Ende des Spiels waren es drei gelbe Karten für Viktoria Köln und drei glatt rote, eine gelb-rote und sieben gelbe Karten für 1860. Unter den vier Platzverweisen waren zwei Spieler, der Trainer und der Geschäftsführer. Und das alles ohne Not. Es war ein ziemlich faires Spiel, bei dem der Mann an der Pfeife völlig neben der Spur jede Kleinigkeit ahndete und bei den 60ern noch genauer hinschaute. Den Siegtreffer erzielte die Viktoria erst in der Nachspielzeit, als sie die doppelte Überzahl ausnutzten.
Das Stadion besteht aus einer wilden Mischung sehr unterschiedlicher Tribünen. Neben der stabilen Haupttribüne steht eine Stahlrohr-Konstruktion für die Heimfans, wo auch permanent Stimmung gemacht wurde, allerdings nur von etwa 30 Leuten. Die komplette Gegengerade dient als Gästeblock, wobei nur eine Hälfte geöffnet war. Dort sorgten die Löwen besonders in der ersten Halbzeit für wunderbare Stimmung mit schönen Melodien, im zweiten Durchgang flachte es leider etwas ab. Hinter dem leeren Block versteckt sich noch der winzige Sitzplatz-Bereich für die Gäste, der dort ein bisschen verloren im Wald steht. Hinter dem Tor befindet sich ein schwarzer VIP-Bereich. In diese Richtung wurde auch der Schiedsrichter unter Begleitschutz abgeführt, aber mit Sicherheit ging es nicht direkt zu den VIPs.