Sonntag, 6. November 2016

06.11.2016
1. Liga (D)
RB Leipzig - Mainz 05 3:1
Zentralstadion (Leipzig)
42.558 Zuschauer (1.000 Gäste)
Wer sich samstags Kassel gegen Saarbrücken und sonntags Leipzig gegen Mainz ansieht, der hat im wahrsten Sinne des Wortes zuerst den Fußball von gestern gesehen und danach den von morgen. Man möchte meinen, man wohnt einem gewöhnlichen Sportspiel bei, doch wie vielfältig und vor allem schnelllebig der Fußball sein kann, wurde mir an diesem Wochenende wieder einmal bewusst. Zuerst viertklassiges Gegrätsche mit Nostalgikern und Romantikern im Publikum und nun dieser moderne Hochglanzfußball, der in Leipzig nur inszeniert wird, um ein Getränk zu vermarkten.
"Man kann sich seinen Verein nicht aussuchen", hat Nick Hornby gesagt. "Der Verein wird einem gegeben." In Leipzig haben sich viele tausend Menschen dennoch einen neuen Verein ausgesucht. Sie begründen das damit, dass sich die einstigen Größen der Stadt, Chemie und Lok, gegenseitig über Jahre hinweg in ihrer Unfähigkeit übertroffen haben und nur RB eine Perspektive bietet. Das mag zwar sein, doch wer den Weg des schnellen Erfolgs mitgeht, muss auch mit den möglichen Konsequenzen leben. So wie aktuell die Fans von Red Bull Salzburg, die mit Schaum vorm Mund dabei zusehen, wie der eigene Verein als Farmteam von RB Leipzig benutzt wird. Kunstprodukte wie die Sportabteilungen von Red Bull sind eben keine gewachsenen Fußballvereine, sondern bloß Blasen, die jederzeit platzen können.
Jedenfalls scheint es nur schwer vorstellbar, dass man sich innerhalb kurzer Zeit in ein solches Kunstprodukt wirklich verlieben kann. Doch all der Hass, der RB Leipzig entgegenschlägt, scheint die Anhänger sehr schnell eng zusammenzuschweißen. Von schlechter Stimmung oder gelangweiltem Publikum kann ich jedenfalls nicht berichten. Die Menschen schienen regelrecht euphorisiert. Sportlich gesehen ist das ja auch durchaus verständlich nach all den Jahren der Tristesse. Dennoch kann man gar nicht oft genug vor einem Wettlaufen der Großkonzerne warnen, die traditionelle Fußballvereine nach und nach verdrängen. Der sportlich faire Wettstreit bleibt da nämlich auch auf der Strecke und den habe ich schon als Kleinkind als höchste Maxime vermittelt bekommen. Damals, in Kassel. Aber Kassel war ja gestern.

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